Sollten Sie mit der Künstlichen Intelligenz Ihr Geld anlegen?

von Dr. Markus Schoor - Investodoc.de - am 28.5.23


Folgende Frage klärt dieser Artikel so gut wie möglich:

  • Sollten Sie in Zukunft Ihre Geldanlage einer künstlichen Intelligenz (KI, ChatGPT, RoboAdviser,  QuantumAI, etc)  anvertrauen?

hallo,

seit 1993 bin ich an der Börse aktiv, von 2000 bis 2016 habe ich die Investmentschule24 gegründet und deren Ausbilding geleitet. Heute betreue ich einige Investment-Clubs, die es sich zum Ziel gesetzt haben, sich den Umgang mit der Börse selber bei zu bringen.   Es dürfte deshalb klar sein, dass ich keine Finanzprodukte verkaufe oder bewerbe, und auch kein Anlageberatungen durchführe. Ich bin die seltene Ausnahme in diesem Markt:  Ich bin neutral.

Das ist auch sehr wichtig zu verstehen, denn der Finanzmarkt wird von einer sehr "teuflischen Feststellung" getrieben, die da lautet:  Die meisten Menschen möchten das Thema Geld delegieren - sie möchten sich nicht selber darum kümmern.  Banken, Finanzinstitute, Versicherungen und auch moderen Fintechs und Broker... sie alle produzieren Angebote und Produkte, um die Anleger in diese Falle zu locken:  Sie bieten die Chance, das Thema Geld zu delegieren.  Und das Ergebnis ist dann immer gleich:   Die Risiken, die jede Geldanlage birgt, werden den unwissenden Anlegern aufgebürdet... bis diese sich realisieren und das Geld verloren geht.  Dann suchen die Menschen eine neue Bank, ein neues Produkt, dem sie die Verantwortung übertragen können..... bis vielleicht eines Tages der Anleger mal aufwacht, das Spiel durchschaut und sich doch entscheidet, sich selbst um das Thema Geld zu kümmern, sich ausbildet, fortbildet und beginnt ein guter Investor zu werden. Das beobachte ich jetzt seit 30 Jahren.  Wird die Künstliche Intelligenz die Menschen nun endlich von der Last der Geldanlage befreien?

Vor der Künstlichen Intelligenz gab es schon spekulative Tradingssysteme, die für einen das Geld vermehren sollten. Von den mir bekannten  21 Systemen, die professionell im Jahr 2000 Angeboten wurden, existert kein einziges mehr.  Einige erwiesen sich als Schneeballsysteme, andere haben schlichtweg nicht mehr funktioniert. Nur im Bereich von langfristiger Vermögensanlage gibt es einige wenige Systeme, die in den meisten Jahren funktioniert haben.  Selbst mein eigenes "Trendbarometer" hat nach 10 hervorragenden Jahren von 2000-2010 dann 10 schwache Jahre gehabt. Heute ist es mehr Orientierung, als ein Ersatz für das eigene Nachdenken.

Vor etwa 10 Jahren ging es dann mit den ersten KI-gestützten Systemen los: RoboAdviser,  automatisiserte Aktienauswahl, ganze Fonds oder Hedgefonds fingen immer häufiger an, sich mit der künstlichen Intelligenz auszustatten. Ein guter Grund dafür war, dass hier große Mengen von Daten in kurzer Zeit ganz "objektiv" verarbeitet werden können.  Aber was heisst eigentlich "objektiv"?

Aktuell habe ich mir mal mit Hilfe eines Systems ein paar interessante Aktien selektieren lassen. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass man jede Empfehlung doch ganz ganz genau selber nach recherchieren muss.  Sonderdividenen, Fusionen, falsch eingepflegte Daten bringen nicht nur das System durcheinander, es stellt sich eben ganz schnell heraus, dass eine große Datenmenge noch keinerlei Kompetenz zur qualitativen Bewertung darstellt.  Und wie soll ein RoboAdviser denn mit einer Gewinnwarnung oder mit einem plötzlich aufkeimenden Krieg umgehen? 

Die Welt funktioniert nicht wie Schach

Vielleicht lohnt es sich, einen Moment darüber nach zu denken, was künstliche Intelligenz am besten kann:  Es kann in einem Spiel wie Schach, alle möglichen Züge und Spielvarianten vorausberechnen.  Deshalb kann heute kein Mensch mehr  einen Computer beim Schach besiegen. Aber die Welt eines Unternehmens, der Börse oder der Finanzmärkte,  gleicht so garnicht einem Schachspiel.  Die Regeln ändern sich dauern, es kommen ständig neue Spieler ins Feld, es gibt Ereignisse wie Naturkatastrophen und dazwischen noch einen Menschen, der anders als "die Dame beim Schach" , von Ängsten oder von Gier getrieben ist.

Wissenschaft ernüchtert

Die Wissenschaft hat zuletzt durch Daniel Kahneman für einen weiteren Schock gesorgt. Seine Untersuchung der besten Fondsmanager der Welt stellte ernüchernd fest:   Selbst die besten Fondsmanager des letzten Jahres habe keinerlei  erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sie im kommenden Jahr wieder besser sind, als die meisten anderen. Das ist erstaunlich, denn wenn Sie eine Aktie aus dem DAX kaufen, die im letzten Kalenderjahr sehr stark performt hat, dann haben sie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sie auch im darauffolgenden Jahr besser performt. Es ist also ernüchternd, wenn man feststellt, dass dies für die besten Fondsmanager des letzten Kalenderjahres nicht gilt. 

Und an dieser Stelle kommen wir zurück zu den Robo-Advisern und KI-gestützten Systemen:  Wenn ein Robo-Adviser im letzten Kalenderjahr sehr erfolgreich war, dann gibt es trotzdem keine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass er dies auch im kommenden Jahr ist.  (Sie wären also immer noch besser dran, Sie würden einfach die 5 erfolgreichsten Aktien des letzten Jahres kaufen)

Mensch und Maschine (KI)  sind gleichermassen unbegabt, wenn es um die Vorhersage der Finanzmärkte geht.  Es braucht hier eine ganz andere Art von Intelligenz, die zum Beispiel auch die eigene Stellung im Vergleich zu den anderen  Marktteilnehmern, oder auch den Umgang mit dem Chaos berücksichtigt, um nicht nur Demut zu lernen, sondern sogar Geld zu verdienen. Mein Tipp für die kommenden Jahre wird im Sorgenfrei-Club bereits umgesetzt:  Konzentrieren Sie sich auf Werte, die auf jeden Fall wertvoller werden.

Der Supercomputer von Stefan Quandt

Aber prüfen wir das Ganze doch nochmal am aktuellen Fall von QuantumAI von Stefan Quandt, dem Millionerben des BMW Imperiums.  Lesen Sie die Seite .. und die Kommentare.. und seien Sie sich bewusst, dass es sich hier um WERBUNG handelt.  Hier der LINK (der Link scheint jetzt als unsersiös markiert worden zu sein:  gehen Sie stattdessen hierhin: https://quantumaiapp.com/de/)

Bitte seien Sie sich bewusst, dass wir Menschen blind werden, wenn wir etwas "glauben wollen".  Und sehen/lesen Sie auch die Hinweise, die einen zweifeln lassen müssen.  Es gibt  keine neuen Argumente.  Zusätzlich sind das Devisentrades, die extrem gehebelt sind.  Riskanter geht es nicht.  Es gibt da keinen höheren Erfolgsquoten als knapp über 55%, aber angeblich sind alle mit Gewinn abgeschlossen worden, alle Trades nach  2 Minuten wieder geschlossen. Alles vor 3 Jahren...  Nicht sehr glaubhabt.....  und eine maximale Tagesgewinnsumme? .... hier wird die Gier bedient, nicht eine realistische Einschätzung.... und dann schauen Sie nochmal auf die Überschrift???!!!   Nachtigall....

Das neue Internet für 2 Cent

Wie perfide solche Dinge geplant werden, habe ich in diesen Tagen bei einer der neuen Kryptowährungen gesehen, die nur gegründet werden, um den Gründer noch reicher zu machen.  Zum Schnäppchenpreis von nur 2Cent können Sie sich da beteiligen, und lebenslang an der "Software der zukünftigen Internets" beteiligt sein.  Jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie würden sich daran beteiligen und die Sache geht schief. Plötzlich ist das Geld weg und Sie suchen einen Richter auf, und schildern ihm,  wie ihr ganzes Geld plötzlich weg ist.  Der Richter fragt: "Wieviel haben Sie denn investiert?"  -  Sie antworten:  "Ich habe meine Anteile für 2 Cent gekauft".   Darauf lächelt Sie der Richter vermutlich an und sagt:  "Wenn Sie nur 2 Cent verloren haben, dann sind Sie hier falsch - Klage abgelehnt". 

Wer immer sich diesen Preis ausgedacht hat...  das hat er sich sicher überlegt.

Grüsse Doc

- zurück zur aktuellen Marktanalyse

- zurück zu den aktuellen News